Mitmachen
Um euch den Einstieg in das Thema und das Mitmachen in einer Baugemeinschaft zu erleichtern haben wir hier einige grundlegende Informationen zusammengefasst, die euch einen ersten Überblick geben können. Diese Informationen sind weder vollständig noch erschöpfend sondern sollen nur dabei helfen eure ersten Fragen zu beantworten. Um darüber hinaus gehende Details zu erfahren meldet euch gern bei uns.
Im Allgemeinen spricht man von einer Baugemeinschaft, wenn sich Bauwillige mit ähnlichen Vorstellungen zu Wohnen und Leben zusammen schließen um gemeinschaftlich ein oder mehrere Häuser gemeinsam zu entwickeln und zu bauen, die zu diesen Ideen passen. Oft werden alternativ auch die Begriffe Baugruppe oder Bauherr*innengemeinschaft dafür verwendet. Wenn der Bau abgeschlossen und der Wohnraum bezogen wurde wird die dort lebende Gemeinschaft meist als Wohnprojekt oder Gemeinschaftswohnprojekt bezeichnet.
Sowohl die Baubetreuer*innen als auch die Agentur für Baugemeinschaften sind Ansprechpartner für Gemeinschaften, die noch Mitglieder suchen. Als Einzelinteressent*in ist es sinnvoll, mit Freunden und Bekannten oder z. B. auch mit sozialen Trägern oder Stadtteilzentren Kontakt aufzunehmen um herauszufinden, ob dort schon Baugemeinschaften bekannt sind. Auch schon bestehende Wohnprojekte können ggfs. Auskunft über ähnliche Aktivitäten geben, die möglicherweise in ihrem Umfeld stattfinden. Da die Fluktuation in „alten“ Wohnprojekten meist sehr niedrig ist verspricht aber vor allem auch die Gründung einer neuen Baugemeinschaft Aussicht auf erfolgreiche Umsetzung der gewünschten Wohnform. Zudem ist die regelmäßig (online) stattfindende Infobörse „baut zusammen“, organisiert von der Agentur für Baugemeinschaften, eine gute Möglichkeit um Kontakte zu knüpfen. Wegen der Pandemie finden darüber hinaus zurzeit keine größeren Informationsveranstaltungen statt, jedoch sind diese (sonst mind. einmal jährlich) normalerweise auch eine gute Möglichkeit um neue Baugemeinschaften und Gleichgesinnte kennen zu lernen. Eine Offenheit hinsichtlich der zukünftigen Lage eines Wohnprojektes erhöht die Chancen auf eine Realisierung zudem beträchtlich: Es werden in den kommenden Jahren viele Grundstücke von der Stadt Hamburg für Baugemeinschaften ausgewiesen. Diese Flächen liegen zum großen Teil an den grünen Rändern der Stadt, mit guter Anbindung an den ÖPNV, jedoch häufig noch ohne oder nur mit beschränktem Angebot an Stadtteilkultur und Gastronomie - dort können Baugemeinschaften den Stadtteilcharakter noch direkt mit ihren Nachbarn gestalten.
Alle mit dem Bau von Wohngebäuden einhergehenden Risiken von nicht gemeinschaftlich tätigen Bauherr*innen sind auch von der Baugemeinschaft zu tragen. Dazu zählen z. B. die Kosten für Grundstückserwerb, Fachplaner*innen, Gebühren, Steuern und Baukosten, sowie nach Fertigstellung die Rückzahlung der Darlehen, die für Grundstückskauf, Entwicklung und Bau der Immobilie gewährt wurden. Ferner obliegt der Baugemeinschaft die Einhaltung von z. B. vertraglich gegenüber der Stadt oder Kommune zugesicherten Termine und Qualitäten oder die Einhaltung der Vorgaben aus Förderprogrammen. Es besteht in der Zeit von der Idee bis zum gemeinsamen Bewohnen des fertigen Gemeinschaftshauses fortlaufend die Möglichkeit der Fluktuation von Mitgliedern der Baugemeinschaft, z. B. durch Verzögerung der Projektphasen. Gleichermaßen kann es vorkommen, dass einzelne Mitglieder der Baugemeinschaft die notwendige Mitarbeit während der Planung und Entwicklung oder auch nach Bezug der Gemeinschaftsimmobilie unterschätzen, und sich dadurch zeitweise überfordert fühlen können.
Mitglieder von Baugemeinschaften möchten vor allem die Möglichkeiten von Partizipation, Transparenz, Sicherheit und Verwirklichung eigener Vorstellungen von Wohn- und Lebensraumgestaltung durch die Bildung einer Baugemeinschaft nutzen: Die Projektplanung erfolgt unter aktiver Beteiligung der Mitglieder, Projekte „von der Stange“ gibt es im Normalfall nicht, jede Baugemeinschaft erhält am Ende, entsprechend den finanziellen Möglichkeiten, individuell auf sie zugeschnittene Wohn- und Gemeinschaftsräume. Es entsteht zudem vollständige Transparenz zu Kosten, Verträgen und Fördermöglichkeiten – im Gegensatz zum Kauf einer z. B. durch Bauträger erstellten Immobilie. Es kann eine größere Sicherheit gegenüber dem Bau als einzelne Bauherr*in erreicht werden indem in der Baugemeinschaft vorhandenes Know How, bestehende Netzwerke, professionelle Bauherrenvertreter*innen, alternative Finanzierungsmöglichkeiten genutzt und das finanzielle Risiko auf viele Schultern verteilt werden kann. Schließlich gibt es im städtischen Umfeld meist nur für Baugemeinschaften die Möglichkeit, vergünstigte Grundstücke zu erhalten, individuelle Vorstellungen zu alternativen und nicht anonymen Wohnformen umzusetzen und belebende gemeinsame Ideen auch in die Nachbarschaft auszustrahlen.
Häufig finden sich Initiator*innen von Baugemeinschaften zunächst mit einigen Bekannten und Freund*innen im Rahmen einer kleinen Kerngruppe oder Interessengemeinschaft und dann als GbR oder auch in einem Verein zusammen. In der Vorbereitung auf den Erwerb oder auf die Bewerbung um ein Grundstück kann sich die Gruppe dann für unterschiedliche Rechtsformen entscheiden: Sofern öffentliche Förderung in Anspruch genommen werden soll wird in Hamburg zumeist eine Kleingenossenschaft gegründet. Alternativ dazu werden Grundstücke häufig an Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) vergeben bzw. verkauft. Auch wenn keine öffentliche Förderung beantragt werden soll kann die Gründung einer Kleingenossenschaft viele Vorteile haben. Es gibt vereinzelt auch die Möglichkeit, mit Bestandsgenossenschaften zu kooperieren, die dann eigene Absprachen mit den Baugemeinschaften treffen.
In Hamburg wird bei Vergabe von städtischen Grundstücken an Baugemeinschaften die Beauftragung von Baubetreuer*innen vorausgesetzt. Dies ist auch für Baugemeinschaften hilfreich, die frei zugängliche Grundstücke erwerben und bebauen wollen, denn Baubetreuer*innen kümmern sich mit der Baugemeinschaft um Fragen zu Konzept und Finanzierung, zu rechtlichen Herausforderungen sowie zur Projektorganisation. Bei der Entwicklung und Organisation der Gruppe kann Unterstützung oder Moderation angeboten werden. Später übernehmen die Baubetreuer*innen die Vertretung und Unterstützung der Baugemeinschaft als Bauherrin gegenüber Bauunternehmen, Ämtern und Behörden. Auch bei der Auswahl von Architekt*innen und weiteren Kooperationspartnern und Planern kann die Baubetreuung hilfreich sein und als externer Partner der Baugemeinschaften zur Konfliktvermeidung innerhalb der Gemeinschaft beitragen. Die Architekt*innenauswahl findet während der Bewerbungsphase oder frühzeitig nach der Vergabe eines Grundstücks an die Baugemeinschaft statt. Deren Aufgabe liegt zunächst darin, einen Entwurf zu erstellen in dem sowohl die Ideen der Baugemeinschaft, als auch eventuelle Vorgaben aus der Grundstücksvergabe und/oder Bebauungs- oder Funktionsplänen ihren Niederschlag finden. Mehrheitlich wählen Baugemeinschaften einige Architekten aus, die dann evtl. ein Auswahlverfahren durchlaufen und ihre Vorstellungen zu den Ideen und Vorgaben der Baugemeinschaften vorstellen. Neben Baubetreuung und Architektur, die die Baugemeinschaft bis zum Einzug (oder ggfs. auch noch darüber hinaus) begleiten, werden nicht selten weitere Externe zur Unterstützung herangezogen. Dabei kann es sich um Coaches, Moderator*innen oder Mediator*innen, um Anwält*innen oder Steuerberater*innen, bei kleingenossenschaftlich organisierten Baugemeinschaften vor allem auch um einen genossenschaftlichen Prüfverband handeln. Bei städtisch ausgeschriebenen Grundstücken spielt in Hamburg vor allem die Agentur für Baugemeinschaften eine herausragende Rolle als Ansprechpartnerin für viele Fragen der Grundstücksbewerbung, Gruppenfindung, zum Projektverlauf, der Kontaktaufnahme zu weiteren Behörden und Ämtern der FHH sowie zur IFB Hamburg.
Je nach Art der gewählten Rechtsform und entsprechend der Zusammensetzung der Mitglieder stehen einer Baugemeinschaft unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung um ihr Gemeinschaftshaus zu finanzieren. Unabdingbar ist in jeder Form eine Beteiligung an den entstehenden Kosten mit eigenem Kapital. Dessen optimale bzw. notwendige Höhe berechnet sich anhand unterschiedlicher Kriterien und ist nicht pauschal zu benennen. Ist die Gemeinschaft in Hamburg in Form einer förderfähigen Kleingenossenschaft organisiert kann sie Förderung von der Investitions- und Förderbank Hamburg (IFB) beantragen. Allen Rechtsformen stehen die Förderprogramme der KfW und diverse weitere Programme zur Verfügung, die z. B. die Erstellung im Rahmen bestimmter EnEV-Standards, die Verklinkerung von Fassaden oder massive Holzbauweise fördern. Verschiedene Banken engagieren sich für die Idee der Baugemeinschaften und fördern deren Bauvorhaben durch die Vergabe von günstigen Baudarlehen – bei vorliegender entsprechender Bonität. Privatdarlehen aus dem Bekannten- und Freundeskreis sind relativ weit verbreitet um Eigenkapitalanteile zu erhöhen. Für bestimmte Bausteine des Projektes kann möglicherweise auch bei Stiftungen nach Zuwendungen gefragt werden (Spielgeräte für Spielplatz, Küchengeräte für Gemeinschaftsküche o. ä.). So besteht die Finanzierung des Gesamtvorhabens am Ende häufig aus vielen unterschiedlichen Bausteinen, die sich zu einem sinnvollen und möglichst kostengünstigen Ganzen zusammenfügen.